Die letzten Kilometer

Nach einem langen, sehr kalten Flug kamen wir Mittwochnachmittag in Madrid-Barajas an.

Meine Ängste bestätigten sich, als die Nachfrage beim Cargo-Unternehmen ergab, dass unsere Motorräder nicht gemeldet waren. Mist, die KTM’s standen noch – die halbe Welt von uns entfernt – in Buenos Aires :-O

Unser Agent reagierte jedoch sofort auf unsere Nachfrage. Die Motorräder würden wesentlich schneller reisen als wir selber und Donnerstagmorgen ebenfalls in Madrid landen. Beruhigt sanken wir am frühen Abend ins Bett und schliefen den Schlaf der Gerechten.

Die Trackingnummer zeigte noch keine Landung unserer Motorräder in Madrid an, als wir bei der Cargo-Firma zur Büroöffnungszeit vor der Tür standen. Doch sie waren da! So begannen wir damit sie aus dem Zoll auszulösen. Versicherungsnachweis musste erbracht werden und die Flughafengebühr bezahlt. Dann aus heiterem Himmel hiess es, wir müssten einen temporären Import unserer Motorräder in die EU machen. Huuuh???? Die Dame liess sich nicht erweichen. Die Schweiz wäre nicht teil der EU, daher der Import und die Motorräder müssten innerhalb von 30 Tagen aus der EU ausgeführt werden.

Mit einem Stapel Papieren beladen, fanden wir das Zolllager in dem unsere Motorräder stehen sollten. Von da an ging es schnell. Papier aus der Hand gegeben, tauchte aus der Tiefe des Gebäudes ein Gabelstapler auf.

Die Wiedersehensfreude war gross, als die KTMs eine nach der anderen neben dem Getränkeautomaten abgestellt wurden.

Auspacken, raus schieben, Batterien anschliessen und Reifen wieder aufblasen – ging alles wie geschmiert. Doch der Stapel Zellophan und die beiden Paletten blieben. Die Herren vom Zolllager waren so nett sich um die Entsorgung zu kümmern.

Ein kurzer Stopp am Hotel, wo wir das restliche Gepäck aufluden, dann ging es los. 1‘420 km auf Landstrasse trennten uns von unserem Ziel. Auf der Karte präsentierte sich unsere Route fast wie eine Vogelfluglinie. Dem war natürlich nicht so 🙂 Und obwohl wir Spanien lieben, die Strecke landschaftlich absolut attraktiv war, zog es uns doch stetig nach Nordosten. Sonntag – hatten wir versprochen. Sonntag würden wir da sein.

Durch die karke, spanische Hochebene, die Meseta Central, wand sich unsere Strasse unter einem Wolken verhangenen Himmel dahin. Von uns unbemerkt ging die Meseta ins Sistema Ibérico, das Iberische Gebirge, über. Dort, am Oberlauf des Duero, liegt die kleine Stadt Soria. Sie bot sich als Übernachtungsstelle an.

Santo Domingo de Soria

Am nächsten Morgen ging es früh weiter. Der Wetterbericht für die nächsten Tage wurde zunehmend schlechter. Runter in die Ebro-Tiefebene, südlich um Pamplona rum, fuhren wir auf dem Jakobsweg für Autofahrer durch die Pyrenäen in den Pilgerort Saint-Jean-Pied-de-Port. Durch Ortschaften aus dem Mittelalter,

Sauveterre-de-Béarn

vorbei an Schlössern und Kirchen,

Sauveterre-de-Béarn

stiessen wir in die Dordogne, genauer Périgord, vor. Entlang an baumgesäumten Flussauen, über historische Brücken drangen wir in eines der kulinarischen, kulturellen Herzen Frankreichs ein. Zusammen mit Campern und Touristen beendeten wir unseren Tag im hübschen Städtchen Siorac-en-Périgord in einem kleinen Hotel direkt am Ufer der Dordogne. Nach einem Spaziergang durch den Ort genossen wir im Garten unseres Hotels die Abendstimmung über dem Fluss.

Tja, und dann kam’s. Irgendwo zwischen der Limousin und der Auvergne fing es zu regnen an. Erst dachten wir, es wäre nur ein Schauer. Doch auf den ersten folgte ein zweiter, und so weiter und so fort. Bald war mir kalt. Meine Schultern und Arme fühlten sich feucht an, genau wie mein Hintern. Eine Pause bewies, dass unsere Gore-Tex-Schutzkleidung nicht mehr dicht war. Toll! Es sollte ja nur heute und morgen regnen :-S

Lapalisse, noch 358 km von unserem Ziel entfernt, im Departement Rhône-Alpes war unsere letzte Rast.

Noch eine historische Stadt, mit noch einem Schloss,

noch einer Kirche,

einem weiteren Fluss und zum Glück auch einem Restaurant.

Der Countdown lief. Mit jedem Kilometer, jeder Kurve wurde die Landschaft vertrauter – brachte uns unserem Ziel näher. Sonntag, 12. Mai 2019, sollten wir versuchen am winzigen Grenzübergang bei Les Verrières im Jura unser Zolldokument für die Motorräder abstempeln zu lassen. Schengen hat dafür gesorgt, dass das unmöglich ist 😀

Runter nach Neuenburg aktivierten wir die Gegensprechanlage.

„Du, sag mal, wie fühlst du dich?“ „Als ob wir vor drei Wochen losgefahren wären, nicht vor drei Jahren. Und du?“ „Geht mir genau so.“

Unglaublich, 44 km von der Heimat entfernt, schien es als ob wir nie weg gewesen wären. 1‘109 Tage, 133‘830 km auf vier Kontinenten verpufften im Gefühl von… Ja, von was den eigentlich? Heimat?

Keine Ahnung, aber bald zeichnete sich der Kirchturm von Wünnewil am Himmel ab. Wir setzten den Blicker, bogen in den Akazienweg ein. Dort war es, unser Ziel!

Meine Eltern, die nicht einmal hörten, dass wir in den Unterstand fuhren :-O

Mein Bruder, meine Schwägerin, unsere Nichte und unser Neffe, die am späten Nachmittag auch noch kamen.

Von Kuchen, Leberwurst, Gnocchi, Mortadella und weiteren europäischen Köstlichkeiten

Hey, habt ihr gewusst, dass man Speck, Salami, Käse und Joghurt wirklich vermissen kann?

Wir haben lange nach den ganzen Auswanderern gesucht, die in der „Neuen Welt“ vor gar nicht so langer Zeit ihr Glück finden wollten. Die ersten Spuren der europäischen Auswanderungswellen nach Südamerika fanden wir in Peru.

Otto Kunz macht die beste Mortadella, die wir in Südamerika gegessen haben. Nicht nur sein Wurstwarenangebot ist lecker, auch der Käse ist nicht zu verachten.

Chile, das Kuchen- und Brotzeit-Land. Ein Land, in dem Kuchen

auch Kuchen heisst – es gibt keine Spanische Übersetzung. Mitten auf der Landstrasse taucht ein Café auf das „Kuchen“ auf dem Aushängeschild stehen hat oder gar ein Kuchenladen ist.

Auch Znüni – Brotzeit – ist hier nicht unbekannt. In den Restaurants und Cafés gibt es ein vielfältiges Angebot an „Onces“-Spezialitäten (Elf Uhr-Spezialitäten).

Um 15.00 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen, wie es sich in Tom’s Familie gehört 😀

In Bäckereien und im Supermarkt gibt es richtiges Sauerteigbrot zu kaufen.

Nicht ganz so ein Wunder, wenn die Bäckerei Rostock heisst 😀

Sauerkraut,

in Essig eingelegtes Gemüse und Leberwurst

dürfen da natürlich auch nicht fehlen.

In Patagonien, vor allem im See-Distrikt, ist der deutsche Einfluss immer noch sehr gross. So findet sich immer ein Biergarten 🙂

Ansonsten sind es hier eher die italienischen Spuren, die zum Schwärmen verführen. Neben frischer Pasta gibt es zum ersten Mal seit soooooo langem wieder Gnocchi. Mann, und Salami gibt es in jedem noch so kleinen Laden. Sogar Coppa – geschnitten, am Stück, industriell produziert oder zu Hause nach Rezept vom Grossvater – haben die Italiener mitgebracht.

An heissen Tagen gibt es also ein richtig schönes, kaltes Abendessen 😉

Doch auch die Briten und Iren haben ihre Esskultur mitgebracht.

So gibt es – auch in Patagonien – den Afternoon Tea

Den hiesiegen Afternoon Tea wusste bekanntlich sogar Lady Diana, Princess of Wales, zu schätzen

in den Ortschaften walisischen Ursprungs. Hey, und in Buenos Aires hat sich tatsächlich ein geschäftstüchtiger Schweizer niedergelassen.

Und der produziert??? Raclette-Käse!!!

Dann, in Brasilien kommt man so richtig im Dreiländereck Schweiz/Deutschland/Österreich an.

Da gibt es nicht nur die ganzen Leckereien… Nein, da musste man gleich noch den Kitsch,

die Souvenirs,

die Namen

und den Baustil übernehmen.

Und das beste Bier kommt ja, dass weiss man sogar in Paraguay, bekanntlich aus… MÜNCHEN!

Im kleinen Immigrationsmuseum in Asunción, Paraguay, gibt es eine Karte

und eine tabellarische Aufstellung der Zuwanderer (Referenz auf Karte, Zuwanderungsjahr, Ziel, Herkunft, Anzahl).

Und der kleine Laden hat es ganz treffend auf den Punkt gebracht:

Lebewohl (in) Südamerika!

Im Markt von San Telmo, Buenos Aires

Nach etwas mehr als zwei ruhigen, entspannten Wochen

– in denen unser Freund Steve

noch einige Tage bei uns verbrachte – ging es zum Flughafen. Unsere Destination: Puerto Iguazú.

Die Sitzreihen im Flugzeug waren so eng, dass Thomas gleich mit den Knien anstand. Bei der Vorführung der Notfallmassnahmen fehlte die Schwimmweste. Tatsächlich, keine unter dem Sitz; dafür eine Anmerkung am Klapptisch, dass das Sitzkissen als Schwimmhilfe dient. Nach dem Start flogen wir in einer grossen Schleife über den Rio de la Plata und ein Stück weit den Fluss hoch – ohne besagte Schwimmwesten 😀

Bei einer Luftfeuchtigkeit von 90% empfing uns Puerto Iguazú mit warmem Sonnenschein.

Puerto Iguazú

Schon am nächsten Tag brachte uns ein Bus nach Ciudad del Este, Paraguay. Obwohl der Bus durch Brasilien fuhr, mussten wir keine Ein-/Ausreise erledigen. Bald waren wir, im Besitz unseres Mietautos, auf dem Weg nach Westen. Die Landschaft, flach, grün, mit etwas Wald und der gelegentlichen Bodenwelle, erschien uns nicht fremd. Die vielen hellhäutigen, blond- oder braunhaarigen Menschen mit ihrer altmodischen Kleidung jedoch schon. Ah ja, die Mennoniten

Verschiedene Kräuter zur Zubereitung von kaltem und heissem Mate

Unser erster Stopp sollte San Bernardino sein. Von Deutschen/Schweizern am Lago Ypacaraí gegründet und heute Wochenenddestination der Wohlhabenden aus der Hauptstadt Asunción. Unter der Woche und noch dazu in der Nebensaison ein toter Ort mit unglaublich hohen Zimmerpreisen.

Das ist doch mal sauber abgeschlossen 🙂

Frustriert beschlossen wir noch nach Asunción weiterzufahren. Ha, 40 km und drei Stunden später bereuten wir die Entscheidung. Meine „Liebe“ zu Paraguay stieg ins Unermessliche, als sich die Koordinate des Hotels als falsch heraus stellte und das Zimmer als sein Geld nicht wert. Das libanesische Restaurant mit seinen leckeren Falafel söhnte uns etwas aus.

Asunción wird manchmal mit Buenos Aires verglichen. Keine Ahnung wieso. Es ist wesentlich kleiner. Es gibt keinen Tango und keine Fussgängerzone. Ein Favela liegt mitten in der Stadt. Tönt schlimm, ist es eigentlich aber nicht.

Unser Tag in Asunción begann am Frühstücksbuffet im Nachbarhotel, ein x-Sterne-Schuppen, der zur gleichen Kette gehörte wie unseres. Bei Sonnenschein und hoher Luftfeuchtigkeit begannen wir mit dem Erkunden der Stadt. Im Manzana de Rivera, eine Ansammlung von neun alten, restaurierten Häusern, erbot sich die Museumsaufsicht des „Museo Memoria de la Ciudad“ als unerwünschte Führerin. Doch lernten wir von der entzückenden jungen Dame etliches. So zum Beispiel, dass Paraguay als erstes südamerikanisches Land seine Unabhängigkeit erklärte. Oder dass um 1820 herum die ganze existierende Stadt – mit Ausnahme von zwei oder drei Gebäuden – abgerissen wurde, um danach in quadratischen Häuserblöcken (Hippodamisches Schema, Planstadt) wieder aufgebaut zu werden.

Palacio de Lopez, der paraguayanische Regierungssitz, hat nur eine Ähnlichkeit mit dem Casa Rosada in Buenos Aires – seine rosa Farbe 🙂

Das hiesige Cabildo ist etwas unangenehm zu erreichen, denn der grosse Park, den der Stadtplan verspricht, ist in ein Favela umgewandelt. Ansonsten bietet es ein kleines Museum zur Immigration, eine tolle Treppe

und eine Sicht auf die Bahia Asunción.

Doch das Faszinierende an Asunción ist, durch seine Strassen zu schlendern, ein Auge auf den Boden geheftet,

und den Blick über die Hauswände streifen zu lassen.

Hier haben Künstler überdimensionale Leinwände gefunden,

auf denen sie auf eindrückliche Weise ihre Wurzeln

und ihre Kultur zum Ausdruck bringen.

Diashow: Asunción

Für die nächsten Tage war leider wieder Regen angesagt. Dennoch machten wir uns auf den Weg nach Süden, Richtung Encarnación. Bald lernten wir, dass wenn die Warnung „Achtung, Wasser auf der Strasse“

auf einem Strassenschild auftaucht, diese unbedingt ernst zu nehmen ist.

Auf dem Weg lockte der Templo de San Buenaventura, eine kleine, unscheinbare Kirche mit einem unglaublich prunkvollem Innenraum.

Doch als wir an der Kirche eintrafen, war die Tür geschlossen – Mittagspause. Nun sind ja viele südamerikanische Mittagspausen nicht so, dass man einfach in ein Café sitzen und warten kann. Nein, sie dauern drei, vier Stunden. Doch der Wächter, gerade am Gehen, bot sich an für einen kleinen Obolus Überstunden zu machen.

Wir Deppen hatten weder Handy noch Kamera dabei – lag alles im Auto.

Ganz im Süden des Landes, an der Grenze zu Argentinien, liegen die Departemente Misiones und Itapúa. Misiones (Missionen) deutet auf die Jesuitenreduktionen hin,

Misión jesuítica de San Cosme y Damián

die hier in beiden Departementen sehr erfolgreich aufgebaut und betrieben wurden. Von 1609 bis 1768 haben die Jesuiten in Südamerika Hunderttausende von Ureinwohnern in diesen Reduktionen zusammengeführt, um sie vor dem Sklavendasein und dem Tod zu schützen. Aber auch um ihnen das Christentum näher zu bringen – ohne sie ihrer Kultur und Sprache zu berauben. Das Kunsthandwerk aus diesen Reduktionen ist immer noch sehr bekannt und begehrt.

Misión jesuítica de Jesús de Tavarangüé

Doch genau dieser Erfolg wurde den Jesuiten zum Verhängnis. Sie wurden 1768 sie vom Vatikan und dem Spanischen Hof gewaltsam aus Südamerika vertrieben.

Misión jesuítica de Jesús de Tavarangüé

Rund 30 verfallene Missionsstationen gibt es in Südamerika noch, etliche sind UNESCO-Kulturgut. Mindestens drei davon liegen in den besagten Departementen Misiones und Itapúa.

Misión jesuítica de Jesús de Tavarangüé

Der Film „Mission“ mit Robert de Niro, Jeremy Irons und Liam Neeson war vor diesem Hintergrund unser „Kinoprogramm“ am verregneten Abend.

Misión jesuítica de La Santísima Trinidad de Paraná

Die Misión jesuítica de San Cosme y Damián war unser aller erster Eindruck von diesen Reduktionen. Durch Fehlinformation sahen wir nicht ganz so viel von der Reduktion wie möglich gewesen wäre. Doch auch so war sie, durch das restaurierte Dach, recht imposant.

Misión jesuítica de San Cosme y Damián

Im Gegensatz dazu hatte uns Encarnación nichts zu bieten. Bekannt für den grössten Karneval von Paraguay fanden wir die Stadt ansonsten wenig reizvoll. Sie bietet sich jedoch als Ausgangsort zur Erforschung der Umgebung an.

Misión jesuítica de La Santísima Trinidad de Paraná

In Sachen Missionen wurden unsere Sinne mit den Verbleibenden beinahe überreizt. Die Misión jesuítica de La Santísima Trinidad de Paraná verfügt über ein interessantes kleines Museum und einen imposanten Aussenbereich.

Misión jesuítica de La Santísima Trinidad de Paraná

Bis zu 4‘000 Guaraní lebten zu Spitzenzeiten hier.

Praktisch neben an liegt Misión jesuítica de Jesús de Tavarangüé.

Vorbei an Maté-Stauden (wir haben nie herausgefunden, wie sie wirklich aussehen) und Mennonitensiedlungen ging es zurück nach Ciudad del Este.

Dort fragte uns die Autovermietung, ob das Auto sauber sei. Limpio??? Sauber??? Im Leben nie, nach dem Matsch und Regen… Nun, das Auto müsse gereinigt zurückgegeben werden :-O

Wenig blieb noch zu tun bevor unser Rückflug nach Buenos Aires angesagt war.

Puerto Iguazú

So spazierten wir zum Drei-Länder-Eck,

gebildet durch den Zusammenfluss des Río Iguazú und des Río Paraná,

von Argentinien, Brasilien und Paraguay.

Kleine Flussfahrt, gefällig?

Ein Höhepunkt blieb uns jedoch noch: die Iguazú-Fälle!

Wie so oft, sagen Bilder mehr als Worte.

Diashow: Iguazú-Fälle

Doch ein, zwei muss ich doch darüber verlieren.

Es ist unglaublich, wie viele Schmetterlinge es an den Fällen gibt.

Sie setzen sich auf T-Shirts, Mützen, Arme und Hände…

Was für ein gigantischer Abschluss für eine unglaubliche Fülle an südamerikanischen Eindrücken und Erlebnissen!!!

Zurück in Buenos Aires

Sicht auf Buenos Aires von unserem Wohnhaus

blieb uns nur noch die Motorräder an den Flughafen zu schaffen

und zu zuschauen,

wie sie eingepackt wurden.

Die Zeit war gekommen, aus dem Herbst in den Frühsommer aufzubrechen!

XL – Extra Large

Brasilien – fünftgrösstes Land der Welt. Das letzte Abenteuer? Für Südamerika sollte es wohl eher unser zweitletztes werden 😉

Paradiesische Strände, warmes Wetter, alte Kolonialstädte und der Amazonas – Regenwald wie Fluss – sollten laut Reiseführer die Highlights sein. Die Distanzen – unglaublich. Zu weit um in den sechs Wochen, die wir uns für Brasilien Zeit lassen konnten, irgendwo hin zu kommen. Allein Rio de Janeiro, weit im Süden des Landes, ist auf direkter Strecke 2‘092 km von unserem gewählten Grenzübergang, Chuy, entfernt.

Brasilien – Südamerika Extra Large?
Europäisch und fremd zugleich.
Eine Sprache, die den Ohren vertraut ist. Melodiöser, sanfter als die spanischen Klänge, die uns seit Monaten umgeben. Das Gefühl, dass man es verstehen sollte, aber nur selten tut 😉
Wo sonst tönt dein Motorradtyp wie der Name einer Geliebten? Unser Freund Pepy hat eine Honda „Gisèle“ – wow, davon haben wir noch nie gehört. Es brauchte ein Bild, dass Leonardo uns zeigte um zu realisieren, dass wir „Gisèle“ sehr wohl kennen – einfach als Honda XL 😀

Erste Überraschung waren die beiden Grenzbeamten, die uns sowie unsere Motorräder abfertigten. Beide sprachen sehr gut Englisch. Einer erklärte uns auch, dass wir im Grenzgebiet zu Paraguay vorsichtig sein müssten und unter keinen Umständen nachts fahren dürften. Da die Importzölle nach Paraguay VIEL niedriger seien als in Brasilien wären in der Gegend viele Schmuggler unterwegs.

Die Provinz Rio Grande do Sul präsentierte sich am ersten Tag in einer unglaublichen Grünpalette – von satt glänzendem dunkelgrün bis zu leuchtendem hellgrün. Obwohl die Landschaft so flach war wie eh und je, gestaltete sich die Fahrt abwechslungsreich. Weide- und Ackerland wechselten sich mit Sumpf, Wald und kleinen Seen ab. Die Häuser, klein und bescheiden, wirkten wie Farbkleckse. Nicht nur die Landschaft wirkte tropischer, auch die Windwarnschilder werden hier von einer Palme geziert statt von einem Baum/Busch geziert.

Wir sahen eine unglaubliche Vielfalt an Tieren – leider alle tot am Strassenrand.

Unsere Freunde hatten uns empfohlen Gramado – eine Stadt in den Bergen – zu besuchen. Berge, wo gibt es hier Berge?

Die Landschaft wurde jedoch tatsächlich hüglig, die Strasse kurvig. Wir stiegen auf 800 m. Und landeten in einem exotischen „Alp“-Traum. Fachwerkhäuser,

Okay, kein Fachwerkhaus – aber trotzdem…

Chalets,

Fonduerestaurants,

noch mehr Fonduerestaurants…

Oh, und habe ich schon die Fondue-Restaurants erwähnt? 😉

…Chocolateries, Bratwurst und deutsches Bier

sind an der Tagesordnung.

Doch nicht nur Architektur wie auch Gastronomie erinnern an die Alpen.

Fussgänger haben auf den Strassen Vortritt und die Gehsteige sind blitzblank.

Streunende Hunde, seit Mexiko normal, gibt es kaum. Dafür taucht die Katze wieder als Haustier auf.

Wir stiegen in einem Hotel ab, dass sich als äusserst preiswert erwies. Eine Gästeküche mit Kochherd, Backofen und Mikrowelle wie auch Töpfe/Geschirr: alles vorhanden. Aber das Frühstückbuffet war jenseits – einfach himmlisch. Täglich waren mindestens sechs süsse und sechs herzhafte Kuchen im Angebot, diverse Brote, Brötchen, Käse, Fleischwaren, Eierspeisen, Milchprodukte, Müsli und Früchte zum Abwinken. Ich habe es leider verpasst ein Foto zu machen 😦

Das Frühstück reichte den ganzen Tag. Peinlich, peinlich, ich muss zugeben, dass die herzhaften Kuchen so lecker waren, dass ich uns immer fürs Abendessen etliche Stücke aufs Zimmer geschmuggelt habe.

Thomas nutzte die Gelegenheit einen Ölwechsel zu machen. Dass er dabei Metallspäne an meiner Ablassschraube fand, dämpfte unseren Enthusiasmus sehr 😦
Wir beschlossen wie geplant zu unseren Freunden nach Criciúma zu fahren und dort die Ölablassschraube nochmals zu prüfen.

Einige Kurven führten über eine gute Asphaltstrasse aus Gramado heraus. Auf der Hochebene ging es weiter nach Norden. Die Landschaft ist nett, grün und nicht langweilig. Wir ahnten nicht, dass wir einer Bruchkante zwischen Hochebene und Küstenregion folgten, die in etwa von Gramado bis Florianópolis führt. Wir schwankten die ganze Zeit auf einer Höhe von 800 bis 1‘000 m. In Cambará do Sul bogen wir von der Asphaltstrasse auf eine unbefestigte Strasse ab.

Unser Ziel war der Cânion do Itaimbezinho,

eine 5,8 km lange und 600 m tiefe Schlucht. Und so toll die Schlucht auch sein mag,

waren es doch die Araukarien-Wälder die uns beeindruckten. So viele, so dicht bei einander und an einer Stelle, an der wir dies „Ur“-Bäume nicht erwartet hätten.

Von 1‘000 Höhenmeter am Cânion do Itaimbezinho ging es in etlichen unbefestigten Haarnadelkurven nach Praia Grande (grosser Strand – doch Strand haben wir eigentlich keinen gefunden) auf 30 m über Meer. Dort genossen wir bei über 30°C die Kühle des Flusses, eisiges Bier und die Vielzahl an Schmetterlinge,

die allgegenwärtig zu sein scheinen.

Wir hatten eine Verabredung mit unserem Freund Pepy. Um 14.00 Uhr sollten wir uns in Criciúma treffen um mit ihm an den Strand zu fahren. 250 km auf Asphalt sollten keine Herausforderung sein.

Ha, was auf unseren Karten wie Asphalt aussah, war in Wirklichkeit 185 km – mit Umweg – unbefestigte Strasse.

Auf der Hochebene

Die Küstenebene bald hinter uns lassend, erklommen wir die Hochebene wieder.

Zeitlich schon etwas knapp dran, war die fehlende Brücke etwas ein Schock.

Doch ein hilfreicher Einheimischer erklärte uns dann sehr genau, wie wir den 10 km Umweg fahren sollten.

Der Höhepunkt des Tages, der Aussichtspunkt

Coaties (Nasenbären) belagern den Parkplatz des Aussichtspunkts

über die Serra do Rio do Rastro, versank im Nebel.

So waren auch die unzähligen, zementierten Haarnadelkurven, die von 1‘460 m in die Küstenebene führten, eine neblige Herausforderung.

Peinlich, peinlich; mit einer Stunde Verspätung trafen wir schliesslich am Treffpunkt ein. Nicht nur Pepy wartete vor der geschlossenen Kneipe auf uns. Nein, Jonathan – den wir auch aus San Pedro de Atacama (Chile) kannten – und Gabriel ebenfalls. Gemeinsam fuhren wir zum Strandhaus von Pepy’s Familie, in dem wir die nächste Woche leben durften. Während Gabriel und Jonathan zum Einkaufen fuhren – ein Schweizerisches Café Complet – zeigte uns Pepy die Örtlichkeiten. Nach der gemeinsamen Mahlzeit verliessen uns unsere Freunde, ganz bang dass wir nicht satt wären. Wirklich, keine Pizza mehr???

Dienstag verbrachten wir ruhig im Strandhaus. Das Wetter war okay, aber zu kalt zum Baden.

Der Ort, unter der Woche in der Nebensaison, tot – bis auf zwei Supermärkte und eine „Loch-in-der-Wand“- Bar.

Einer unserer wenigen Nachbarn am Strand

Am Mittwoch-Abend war Churrasco angesagt.

Ednei, unser Grill-Meister aus San Pedro, konnte leider nicht dabei sein. Gabriel war jedoch ein würdiger Ersatz-Grillmeister. Leonardo, Jonathan, Pepy – mit Frau Giovana und Tochter Yasmin – waren jedoch für den vergnüglichen Abend ebenfalls präsent.

Von hinten nach vorn / rechts nach links: Gabriel, Yazmin, Pepy, Giovana, Leonardo und Jonathan

Beim Abschied wurde Barbesuch für Freitag ausgemacht

– mit Fahrdienst. Hin- und Rücktransport

Nur was Kleines zum Knabbern 😀

– vom Strandhaus zur Bar – 40 km ein Weg.

Natürlich in einer Biker-Bar

Doch erst besuchten uns am Donnerstag noch Pepy’s Eltern Pedro und Irene – mit Kaffee und „Kuchen“.

Der Kuchen war: Wow, Schlüferli…

Wer hätte gedacht, dass diese Spezialität es über den grossen Teich schafft 😀

Sonntag waren dann Ednei und Pepy, mit Familien, Jonathan und Gabriel nochmals bei uns im Strandhaus.

An der Stelle ein riesiges Dankeschön an die Papas do Asfalto – Pepy, Leonardo, Jonathan, Gabriel und Ednei mit ihren Familien. Sie boten uns, wie unsere Freunde in Mexiko und den USA, eine Heimat fern der Heimat. Amigos, foi fantástico! Obrigado!

Schweren Herzens hatten wir uns bis dahin entschlossen direkt nach Buenos Aires zurück zu kehren. Zusätzlich zu weiteren Spänen an der Ölablassschraube hing nun auch noch ein Öltropfen an meinem Federbein.

Mit den besten Wünschen und Routenempfehlungen unserer Freunde nahmen wir die 1’500 km in Angriff. Diese verliefen zum Glück ohne Zwischenfälle.

Vor unserer Wohnung in Buenos Aires

Uruguay, unsere letzte Chance…

English version

… uns von unseren sehr guten Freunden zu verabschieden.

Von San Isidro sind es 250 km bis zur grossen Maut-Brücke, die den Rio de la Plata überspannt und Argentinien mit Uruguay verbindet. Romantisch angehaucht, danke Karl May ;-), hatte ich mir den Rio de la Plata immer blau-silbern schimmernd vorgestellt. Doch bereits in Buenos Aires musste ich meine Fantasie an die braune Brühe der Realität anpassen. Vielleicht helfen die gegenwärtigen Überschwemmungen an den Zuflüssen da auch nicht gerade.

Unser 31. Land auf dieser Reise soll neben den Stränden an der Atlantikküste nur wenig zu bieten haben. Ganz ehrlich, was wissen wir zu Hause schon über Uruguay? Nun, unser erster Stop, die kleine Ortschaft Fray Bentos,

am Rio de la Plata, war schon mal sehr bildend. Hier steht das Museo de la Revolución Industrial.

Der riesige Komplex,

der mal eine richtige kleine Ortschaft neben der Stadt war, wurde 1865 von der Liebig Extract of Meat Company gegründet.

Ihr Hauptprodukt – Oxo-Würfel!

Am Höhepunkt der Produktion wurden hier täglich 1‘600 Rinder

– keine Ahnung wie viele Schafe – geschlachtet und zu Corned Beef, Bouillonwürfel (eben Oxo) und an die 150 weiteren Produkten verarbeitet.

Seit der Schliessung 1979 zerfällt die Anlage leider, trotz Unesco-Geldern.

Der nächste Fahrtag zeigte uns Uruguay als grüne Fläche mit viel Landwirtschaft. Ein kurzer Ausflug auf einen Feldweg bewies,

dass Piste fahren zurzeit keine gute Idee ist.

Colonia del Sacramento, ist die älteste Stadt Uruguays.

Eine Stadt mit einem kleinen, kolonialen Zentrum,

erfreute sie uns mit warmem Wetter, erstaunlichen Oldtimern

und natürlich auch den historischen Gebäuden.

Selbstverständlich liegt auch sie am Rio de la Plata.

Diashow: Uruguay

Einige unserer besten Freunde waren, ein letztes Mal in Südamerika, an einem Ort versammelt.

Kanako (Coco), Takeshi und Wasabi hatten ihr Auto bereits verladen. Sie selber würden Ende März von Buenos Aires nach Amsterdam fliegen. Sie wollen dann für drei Monate Europa erkunden bevor sie sich – über Land – auf den Heimweg nach Japan machen. Mandi und John planten ihren Van Mitte März nach Florida zu verschiffen. Am 18. März 2019 würden sie voraus fliegen und zuhause auf ihr Fahrzeug warten. Wir verbrachten zwei Nächte im Chacra Holandesa mit ihnen allen.

Um den Abschied etwas zu erleichtern, verbrachten wir anschliessend noch zwei Tage mit Mandi und John in einem sehr regnerischen Montevideo

– hauptsächlich mit der lokalen Gastronomie beschäftigt.

Ein kurzer Blick auf den hier endenden Rio de la Plata bestätigt: Ja, er ist auch hier noch braun!

Alles hat ein Ende, so auch die gemütlichen Treffen mit unseren Freunden. Auf dem Weg aus Montevideo raus, vergoss ich im Helm ein, zwei wehmütige Tränen. Die meisten unserer Freunde hatten den Kontinent bereits verlassen oder würden sehr bald. Doch ich musste mich bald auf den Verkehr konzentrieren und unser nächstes Ziel.

Brasilien!

Ja, mein Herz schlägt immer noch höher, wenn wir eine neue Destination anfahren. Freudige Erwartung fährt nach wie vor durch meinen Körper. Kribblig, mit einem garantiert ziemlich dämlichen Grinsen im Gesicht, sitze ich auf dem Motorrad – Thomas ins nächste Abenteuer folgend. 😀

Gute Zeiten in den „Guten Lüften“

English version

Buenos Aires, die Stadt der Guten Lüfte, so benannt von den seefahrenden Stadtgründern.

Puerto Madero

Unser Apartment war nicht im Innenstadtbereich sondern im Stadtteil San Isidro – ein kleines Dorf in der grossen Stadt.

Die heissesten sowie die Regenreichsten Tage verbrachten wir einfach in unserem Apartment. Doch an den angenehmen Tagen erforschten wir die Stadt. Quartier um Quartier,

La Boca

Stadtteil um Stadtteil. Spaziergänge durch die Fussgängerzone des Centros

Galerías Pacífico

und entlang der Hafenbecken von Puerto Madero.

Wir warfen einen ersten Blick auf das „Casa Rosada“,

den Präsidentenpalast – versuchten uns vorzustellen wie es war als Eva Perón oder gar Madonna (in „Evita“) auf dem Balkon des Gebäudes stand und auf den Plaza de Mayo hinausblickte.

Wir trafen uns mit anderen Motorradfahrern,

Mit M’hamed, Arjan und Lisa in Recoleta

assen eine leckere marokkanische Mahlzeit bei M’hamed,

sahen Tango

in San Telmo

und besuchten La Boca.

Im Stadtteil La Boca steht das Fussballstadion „La Bombonera“ in dem Diego Maradona seine ersten grossen Erfolge erzielte. So ist er überall präsent.

La Boca ist bunt, voller Humor und touristisch zum „Geht nicht mehr“.

An einem anderen schönen Tag musste Thomas an den Motorrädern arbeiten.

Die Ketten waren nach 43’000 bzw. 39’000 km endgültig hinüber.

Alt versus neu

Wir besuchten den Friedhof von Recoleta,

wo die Reichen, Einflussreichen und Berühmten ihre letzte Ruhestätte finden.

Schliesslich radelten wir auch durch die Parks von Palermo.

Floralis Genérica, die solarbetriebene Blüte

Buenos Aires stellt seinen Bürgern – und Touristen – gratis Fahrräder zur Verfügung.

BA EcoBici

Unter der Woche eine Stunde am Stück, doch nach 5 Minuten Wartezeit kann man sich ein anderes nehmen. Am Wochenende darf man das Rad sogar drei Stunden benutzen.

Diashow: Buenos Aires

Das „Casa Rosada“ kann im Rahmen einer geführten Tour (gratis) besucht werden.

Wir hatten das Glück, dass wir noch Platz in einer englischen Führung fanden.

Da der Präsident, der Arme, an diesem Samstag arbeiten musste, kamen wir nur in den Genuss einer verkürzten Führung.

Evita Perón ist immer noch sehr gegenwärtig.

So ist ihr im „Casa Rosada“ ein ganzer Saal gewidmet.

Ihr Abbild prangt an Häusern.

Ihr Grab in Recoleta ist wohl das Meistbesuchte.

Argentinier legen davor Blumen nieder, manche weinen gar – auch die Touristen können es nicht auslassen.

Wieso jedoch Frida Kahlo in ganz Südamerika allgegenwärtig ist, bleibt ein Rätsel.

Ein letzter Ausflug in die Gegend der Regierungsgebäude,

eine an den Place de la Concorde erinnernden Obelisken,

dann noch ein Abstecher in ein altes Kino, das heute als Buchhandlung dient,

und unser Monat war um. Zeit aufzuladen und weiter zu ziehen. Wir hatten ein Rendezvous mit sehr guten Freunden, dass es einzuhalten galt 😀

Januarloch

English version

Mal abgesehen von der Tatsache, dass wir Ushuaia erreichten, liess sich der Januar nicht wahnsinnig gut an.

DER Wein für Motorradfahrer am Ende der Welt – von der Bodega Fin del Mundo 😀

Von höchster Wichtigkeit war nun die Reparatur unserer E-Starter. So kehrten wir von Ushuaia nach Rio Grande zurück. Dort hatten wir nicht nur eine nette Unterkunft gebucht, sondern auch die Zusage eines Motorradmechanikers, dass wir in seiner Abwesenheit an den Motorrädern arbeiten durften. Als es zur Sache ging, war der Schlüssel zur Werkstatt nicht aufzutreiben.

Fernanda, Juan und Fernando mit obligatem Maté-Tee

Fernanda, die Tochter des Mechanikers, hatte glücklicherweise einen Freund mit einer Hobbywerkstatt. Bei ihm durften wir arbeiten. Mein Motorrad kam als erstes an die Reihe.

Alles lief wunderbar.

Doch beim Anziehen des Seitendeckels riss dieser ein. So würde ich nicht weiterfahren können ohne in Motorenöl gebadet zu werden. Kaltmetall und eine Presse sollten das lösen.

An Thomas Motorrad ging dann die Papierdichtung des Seitendeckels kaputt. Dichtungspapier zu finden stellte sich als schwierig, aber nicht unmöglich heraus. So fertigte ich eine neue Dichtung.

Freunde von Fernando, dem Garagenbesitzer, tauchten auf, luden uns zum BBQ ein.

Dies wurde in der Garage zu einem vergnüglichen Anlass.

Wenn kein Korkenzieher aber jede Menge Werkzeug zur Hand ist

Man brachte uns nach Hause und am nächsten Morgen wieder in die Garage. Voller Hoffnung, dass nun alles gut sei, holten wir die Motorräder in unsere Unterkunft.

Die Übeltäter im Anlasser

Leider nur um festzustellen, dass weder mein Deckel noch Thomas seiner dicht waren. Das hiess mehr Zeit in der Garage, mehr Mate-Tee.

Endlich, nach vier Tagen, war Thomas bereit eine Weiterfahrt zu wagen. Es war so einfach, nur auf das schwarze Knöpfchen drücken

und der Motor erwachte zum Leben 😀

Nach 6 Monaten und 15’000 km wurde er zum ersten Mal NICHT gebraucht

Nach 369 km,

zwei Grenzübergängen und einer Fähre,

die uns von der Grossen Insel Feuerlands wieder auf das Festland brachte, stand fest, dass wir nicht weiterfahren konnten ohne meinem Seitendeckel erneute Aufmerksamkeit zu widmen. Auf iOverlander fanden wir die Empfehlung eines Mechanikers. Luis stellte sich als unsere gute Seele in Rio Gallegos heraus.

Nicht nur durfte Thomas alles in seiner Werkstatt benutzen,

sondern er kannte auch einen Schweisser, der Aluminium schweissen konnte. Thomas hatte mühselig das Kaltmetall wieder entfernt.

Sollte dies das Ende unserer Reise sein?

Nach dem Schweissen

wurde die Fläche geglättet,

eine neue Dichtung hergestellt und gehofft.

Regen verkürzte unseren nächsten Fahrtag. Doch nach den zurückgelegten 237 km war der Deckel dicht! Ein ganzer Felssturz fiel uns von den Herzen. Denn in Argentinien Ersatz zu erhalten wäre fast unmöglich gewesen.

Kulinarisches „Highlight“: Pizza Alemaña – mit Sauerkraut und Würstchen

In Caleta Olivia wollten wir eigentlich nur die Seelöwenkolonie sehen. Die Viecher hatten sich aber ausgerechnet diesen Tag ausgesucht um wo anders zu sein. Das wäre sehr aussergewöhnlich, berichteten uns Einheimische. Ha, half auch nicht weiter. Die Seelöwen kehrten deswegen nicht zurück. Um noch ein weiteres Mal hinzufahren blieb dann keine Zeit mehr, denn Thomas Hinterreifen hatte sich auf den letzten Kilometern ganz einfach aufgelöst.

So mussten wir, völlig unerwartet, einen Hinterreifen auftreiben. Nun sind 18-Zoll in der von uns benötigten Breite nicht unbedingt gängige Ware. Wir hatten jedoch Glück und fanden einen. Zurück im Hotel baute Thomas das Hinterrad aus und trug es zum Händler, der mit ihm zum Montieren fuhr. Als es ums bezahlen ging, sollte der Reifen plötzlich 50 USD teurer sein als abgemacht. Wenn wir nicht bezahlen wollten, hätte Thomas den Reifen wieder zu demontieren. Wir legten dem Händler den ursprünglich ausgemachten Betrag sowie 15 USD extra in bar auf die Theke und verliessen seinen Laden ziemlich verärgert. Er gab sich wohl damit zufrieden, denn er folgte uns nicht.

Ehre den Arbeiter – Caleta Oliva

Nachdem Tom’s Reifen einfach so zerfallen war, wollten wir kein Risiko mehr eingehen, sondern bestellten rundum neue Reifen. Diese sollten in spätestens 10 Tagen weiter nördlich in Puerto Madryn vom Postamt abgeholt werden können.

So blieb uns viel Zeit für ein Streckenstück, dass alle als öd bezeichnen.

Viehgatter sorgten alle paar Kilometer für einen kleinen Spaziergang

In den meisten Blogs, die wir verfolgen, wählen die Leute entweder die Fahrt den Anden entlang, mit der Fähre nach Norden oder sie sind ganz plötzlich einfach in Buenos Aires.

Wir beschlossen nochmals etwas Piste zu fahren, was für ordentliche Abwechslung sorgte.

Der Besuch bei den Magellan-Pinguinen

lockerte die Fahrt weiter auf.

In Trelew verbrachten wir 6 Tage in einem ultragünstigen AirBnB – 10 USD pro Nacht für zwei, inkl. Frühstück.

In der Pampa

Die Dame leihte uns auch ihr Auto damit wir im nahegelegenen Gaiman einen walisischen Afternoon Tea geniessen konnten. So besuchten wir das Teehaus in dem Anno Dazumal Diana, Princess of Wales, zu Gast war.

Auf den Afternoon Tea verzichteten wir und nahmen stattdessen ein Apéro. Mit 36° C im Schatten war es einfach zu warm.

Dann war Lokalitätswechsel angesagt. Der erste Reifen traf in Puerto Madryn ein. Es dauerte zwei Extratage bis die anderen zwei eintrafen.

Der Besitzer unserer Unterkunft erlaubte Thomas die Reifen im Garten zu wechseln und entsorgte unsere Altreifen.

Noch immer waren wir etwas planlos auf dem Weg nach Norden.

Die Küstenorte und die Transitstationen waren voll mit Touristen. Die Hotels überteuert und ihr Geld nicht wert. Ferienzeit, Hochsaison, welche in manchen Gegenden dann in Karneval übergeht. Noch etwas mehr Piste fahren,

endlich doch noch Seelöwen sehen

und der Besuch einer Papageienkolonie

waren Höhepunkte einer langen, heissen Strecke.

1‘000 km vor Buenos Aires war die Luft draussen. Wir wollten nur noch raus aus dem Rummel. Die Idee weiter der Küste zu folgen und noch die Motorradfahrer von der Carretera Austral zum Bier zu treffen, war nicht mehr attraktiv, vor allem da sie im grössten Strandort – Mar del Plata – leben.

Diashow: Seelöwen und Papageien

Anker werfen, die Hochsaison und möglichst auch den Karneval aussitzen, ein Monat kein Hotelspiel spielen… Drei Tage unterwegs, ereignislos, öd, staubig und heiss, dann bezogen wir unser kleines Apartment. Schlafzimmer, Badzimmer, Küche, Wohnzimmer, WLAN, Waschmaschine UND eine Klimaanlage 😀

Am Ende der Welt

Wir verliessen Punta Arenas, die Fähre auf die Isla Grande de Tierra del Fuego (grosse Insel von Feuerland) nehmend. Es war eine zweistündige, etwas unruhige Überquerung der Magellanstrasse, welche ohne nennenswerte Vorkommnisse endete. In stürmischem Wind kamen wir in unserer kleinen Unterkunft im sehr enthusiastisch benannten Porvenir (Zukunft) an. Selten sind wir in Südamerika so freundlich aufgenommen worden. Innert 30 Minuten kannten wir die Familiengeschichte von drei Personen 😀

Nun ist es ja so, dass es selten so kommt, wie man möchte. Unsere Vorfreude auf das Ende der Welt wurde durch zwei Umstände etwas gedämpft. Erstens, war die Königspinguin-Kolonie noch geschlossen als wir hinkamen – öffnet erst um 11.00 Uhr. Wir hatten keine Lust eine ganze Stunde im Wind und der Kühle zu warten. Zweitens fuhr sich Thomas mitten im Niemandsland zwischen der chilenischen und argentinischen Grenzstation einen platten Hinterreifen ein.

Natürlich geschah dies nicht unbedingt an einer windgeschützten Stelle. Gibt es so etwas hier unten überhaupt?

Auf jeden Fall war Helm ausziehen kein Thema. Bei den Handschuhen blieb leider keine Wahl.

Nach 90 Minuten ging es weiter.

Etwa 100 km vor Ushuaia ändert sich die Landschaft. Statt dürrer, windgepeitschter Ebene prägen nun Berge das Bild.

In Hochstimmung fuhren wir zur Ortseinfahrt. Beweisbilder mussten her.

Dann begann die ZWEISTÜNDIGE Suche nach unserer Unterkunft, die angeblich nur 15 Gehminuten vom Zentrum sein sollte. Urgh, die Stimmung war auf dem Nullpunkt als wir unser Apartment endlich betraten. Erstaunt stellten wir fest, dass Stimmung sogar unter den Nullpunkt sinken konnte. Zum Glück waren Megan und Mike bereits in Ushuaia. Gerne waren sie bereit unser Elend zum Erfolg zu trinken 😀

Ushuaia ist ein sehr touristischer Ort in dem, während der Saison, fast jeden Tag Kreuzfahrtschiffe anlegen.

Auch die Antarktis-Kreuzfahrten sind ein riesiges Geschäft. So bietet die Stadt eine Bummelstrasse mit jeder Menge Restaurants, Cafés, Bars und Läden.

In Ushuaia kann es auch im Hochsommer schneien!

Nach und nach trafen auch immer mehr unserer Freunde ein. Manche blieben nur zum Einkaufen, andere über Nacht. Peter kam aus Deutschland, mit unseren Ersatzteilen!

Nochmals vielen herzlichen Dank, lieber Peter! Wir fuhren ans Ende der Ruta 3, der Strasse die von Buenos Aires nach Ushuaia führt, dem zweiten Ende der Welt!

An unserem letzten Abend in Ushuaia gab es noch ein „Wir sind in Ushuaia“-Essen mit Mandi, John, Kirsi, Peter, Megan und Mike.

Dieses Foto hat John gemacht

Das war’s! Unsere KTM’s, Thomas und ich sind gesund und munter in Ushuaia angekommen. Wir haben Deadhorse, Alaska, am 29. Juni 2018, 549 Tage vor unserer Ankunft in Ushuaia, verlassen. Die 51‘000 Kilometer (direkteste Strecke laut Google Maps: 21‘808 km) legten wir in „nur“ 240 Fahrtagen zurück (lässt uns mit 309 Pausentagen).

Das grösste mechanische Problem hatten wir mit meiner KTM in Cuauhtémoc, Mexiko. Wir können auf Tausende von schönen Erlebnissen und netten Begegnungen zurückblicken – ohne eine negative Erfahrung, die hier nennenswert wäre. Wir hatten die Gelegenheit viel Zeit mit alten Freunden zu verbringen und neue Freunde zu machen. So bietet sich hier die Gelegenheit allen zu danken die Teil unserer Reise waren und mit ihrer Präsenz zu diesem unglaublichen Erlebnis beigetragen haben. Hier Namen nennen zu wollen wäre ein Fehler. Doch alle finden sich irgendwo seit Deadhorse im Blog erwähnt. Danke für eure Freundschaft, Hilfe, Unterstützung und all die guten Zeiten, die wir mit euch verbringen durften!

Dem Ende der Welt entgegen

Zu unserer Überraschung und grossen Freude kontaktierten uns Megan und Mike, ein australisches Pärchen auf der gleichen Africa Twin wie Steve, am 30. Dezember. Schnell kam man überein gemeinsam Sylvester zu feiern. Nach dem wir unser Lamm-Gigot konsumiert und die Kehlen feucht gehalten hatten,

sassen wir um 23.30 Uhr auf dem Trockenen. Das ging gar nicht. Kurz entschlossen brachen wir in die Stadt auf. Erfolgreich in unserem Unterfangen konnten wir um Mitternacht anstossen!

Am 2. Januar luden wir auf und trennten uns, diesmal endgültig, von Steve. Der Weg ans „Ende der Welt“ wird in Argentinien von Vogelscheuchen begleitet.

Faszinierend wie diese auch sein mögen,

fanden wir die Emus, Guanacos und extrem wolligen Schafe interessanter. Wenn der Kopf im „Gras“ steckt verwechselt man die hiesigen Schafe gerne mit einem grossen Haufen dreckiger Wolle 🙂

Torres del Paine ist eine der Attraktionen, die man hier unten in Südpatagonien nicht verpassen darf. Entsprechend war auch der Verkehr auf der Schotterstrasse. Doch schon vor dem Parkeingang bot sich eine tolle Sicht auf die Berge.

Als zwei Kondore direkt über uns hinweg glitten,

hatte Thomas leider das falsche Objektiv auf der Kamera.

Sie wären nur schwarze Flecke an dunklem Himmel gewesen 😦

Der Pehoe-See bietet mit seiner unglaublich türkisenen Farbe einen schönen Vordergrund

zu den Torres del Paine.

Puerto Natales erwies sich, trotz seinem Ruf als Touristenzentrum, als ruhiger Ort.

Wir hatten ein kleines Apartment in Laufentfernung vom Zentrum – mit Frühstück.

Dieses wurde uns jeden Morgen angeliefert – die Eier noch warm.

Unsere Erfahrung mit dem patagonischen Wind hält sich, auch nach den 250 km von Puerto Natales bis Punta Arenas, in Grenzen. Wir hatten etwa 30 Kampf-Kilometer – sehr starker, aber nicht sehr böiger Seitenwind. Im Vergleich zu Bekannten und Freunden, die die Strecke vor uns gefahren sind, können wir uns wohl glücklich schätzen. Aber das Ende der Welt naht.

Hoffentlich nicht so in Untergangsstimmung wie bei diesen Schiffen

Lord Lonsdale

in Punta Arenas.

Eine Fähre, nach Feuerland, und 475 Strassenkilometer trennen uns noch von Ushuaia. Zwei Fahrtage für uns. Und dann, ja dann müssen wir erst mal entscheiden wie viele Enden wir besuchen wollen… 😀

Wir sind definitv nicht die ersten Schweizer in Punta Arenas

Das „wahre Ende der Welt“, das Ende der Ruta 3, nur das Ende in Ushuaia?

Patagonische Pause

English version

Drei Wochen nicht Motorradfahren… Drei Wochen Pause in einem kleinen Häuschen in El Calafate…

Okay, fast kein Motorradfahren. Leider würden wir in den drei Wochen einmal umziehen müssen.

Von Steve Abschied nehmend, zogen wir in unsere erste Unterkunft. Etwas ausserhalb der Stadt, aber immer noch in Laufentfernung.

Thomas hatte Zeit den Service an den KTMs zu machen. Er reinigte sogar die Luftfilter.

Der Austausch der Bremsbeläge an meinem Vorderrad bereitete unvorhergesehene Probleme. Der Bremssattel rutschte nicht mehr auf seinen Bolzen. Doch mit viel Rat von ADVrider und Tat von seiner Seite lösten sie sich schliesslich.

Auch entsorgte er seine heissgeliebten Handschuhe, die ihn 7 Jahre treu begleitet hatten.

Ich wusste mich auch zu beschäftigen. Es galt die Herausforderungen eines Gasofens zu bewältigen. Schade, dass ich ausgerechnet mit Brownies meine erste Erfahrung machte. Die endeten dann doch mit etwas arg dunklem Rand. Mangels verwendbarem Kuchenblech hatte mir Thomas den Griff von der Bratpfanne abgeschraubt. Darin buk ich nicht nur die Brownies sondern auch Zwiebelkuchen.

Der Zwiebelkuchen wurde perfekt. So gut, dass wir die Übung wiederholten. Auch ein Kürbiskuchen wanderte auf diese Art und Weise in den Ofen. Die restlichen Weihnachtskekse erstellte ich zwar mit einfachsten Mitteln,

aber im Improvisieren sind wir ja gut.

Die Weinflasche als Wallholz,

eine Holzkelle als Schwingbesen und Mixer…

Mit unserem Umzug waren wir schliesslich näher an der Stadt. Gleich am Orteingang entdeckten wir auch eine kleine Brauerei in der wir immer wieder etwas Zeit verbrachten. Das Angebot war vielfältig,

das Bier gut

und die Atmosphäre sehr gemütlich.

Ich verbrachte viel Zeit mit Kochen. Weihnachten gab es erst Häppchen,

dann Kürbissuppe

und schliesslich Rindsbraten in Rotweinsauce.

Zum Nachtisch: Weihnachtskekse 😀

Am 28. Dezember wehte der patagonische Wind unseren Freund Steve ins Haus.

Wir werden Sylvester gemeinsam verbringen. Am 2. Januar fährt er dann Richtung Buenos Aires während Thomas und ich uns Richtung Ushuaia aufmachen.

Ich hoffe Ihr hattet alle eine schöne Weihnachtszeit. Guten Rutsch und ein erfolgreiches 2019!

A good traveler has no fixed plans